#SOTEU - Von der Leyen verspricht verbindlichen EU-Mindestlohn
Wenngleich der große Wurf für ein „soziales Europa“ in der gestrigen Rede zur Lage der Union von Frau von der Leyen ausblieb, so verspricht sie in einem Punkt mehr als erwartet. Im kommenden Jahr möchte die Europäischen Kommission den Entwurf für eine EU-Rechtsrahmen zum Mindestlohn vorlegen. In der Vorstellung des Programms zur deutschen Ratspräsidentschaft war noch maximal von einer Empfehlung an die EU-Mitgliedstaaten die Rede gewesen. Doch nun geht die Kommissionspräsidentin einen Schritt weiter, in dem Sie einen rechtlich bindenden Rahmen ankündigt.
Dazu kommentiert Katrin Langensiepen, Europaabgeordnete Bündnis 90/ Die Grünen, Vize-Vorsitzende des Sozialausschusses:
“Ich begrüße die Ankündigung von Frau von der Leyen. „Arm trotz Arbeit“ ist für Millionen Menschen in Europa leider bittere Realität. Es ist endlich nötig, dass die EU verbindliche Mindeststandards setzt, um existenzsichernde Entlohnung zu garantieren.
Die Idee ist nicht die eines festen europäischen Mindestlohnsatzes. Bei den Unterschieden zwischen EU-Mitgliedsländern mit Mindestlöhnen von 1,87 € (Bulgarien) bis 12,38 € (Luxemburg) wäre das realitätsfremd. Der europäische Mindestlohn soll sich jeweils am nationalen mittleren Einkommen orientieren. So sollen Mindeststandards für die geschaffen werden, die nicht von starken Tarifabkommen profitieren.
Faire Mindestlöhne sind ein erster wichtiger Schritt in Richtung Armutsbekämpfung. Trotzdem darf man es dabei nicht belassen. Seit Jahren verschließt die EU ihre Augen vor dem Problem Armut. Fast jeder vierte Mensch in der EU ist von sozialer Ausgrenzung und Armut bedroht. Mehr als 700.000 Menschen sind wohnungslos. Covid-19 verschärft die jetzige Situation wie ein Brandbeschleuniger. Was wir jetzt brauchen ist eine übergreifende EU-Strategie zur Armutsbekämpfung. Neben Arbeitsarmut müssen auch die Themen Wohnen, Grundsicherung und Kinderarmut dringend auf europäischer Ebene angegangen werden.
Dazu verlor Frau von der Leyen gestern jedoch kein Wort.“