Einigung zum EU-Behindertenausweis
Mehr EU-Freizügigkeit für Menschen mit Behinderungen
Am heutigen Donnerstag erreichten die Ko-Legislatoren, bestehend aus dem EU-Parlament, der EU- Kommission und dem Rat, eine Einigung zum Gesetzesvorschlag zur Einführung eines EU-Behindertenausweises und eines EU-Parkausweises. Diese Einigung im Trilog ist vorbehaltlich der endgültigen Zustimmung im Ausschuss der Ständigen Vertreter (Coreper).
Die Grüne Schattenberichterstatterin Katrin Langensiepen und interparlamentarische Koordinatorin für die Rechte von Menschen mit Behinderungen kommentiert:
“Das sind gute Nachrichten für Menschen mit Behinderungen in der EU: Wenn die Mitgliedstaaten zustimmen, verabschieden wir noch in dieser Legislatur einen EU-Behindertenausweis und einen EU-Parkausweis.
Der neue EU-Behindertenausweis wird Menschen mit Behinderungen vor allem beim Reisen von Nutzen sein und ihnen garantieren, dass ihr nationaler Behindertenstatus endlich auch im EU-Ausland anerkannt wird. Nationale Vorteile im Transport- oder Kultursektor gelten dann beispielsweise in Frankreich nicht nur für den französischen Menschen mit Behinderung, sondern auch für den deutschen oder polnischen Besucher mit Behinderung.
Zudem konnten wir die Mitgliedstaaten dazu bewegen, nationale Webseiten aufzusetzen. Diese sollen relevante Informationen zu den jeweils national geltende Vorteilen für Reisende bündeln. Diese nationalen Webseiten sollen von der EU-Kommission auf einer zentralen Webseite zusammengeführt werden, um den Dschungel an Informationen übersichtlich zu halten.
Auch wenn der Ausweis nur für kurze Aufhalte (max. 3 Monate am Stück) gedacht ist und keinen Anspruch auf Sozialleistungen beinhaltet, ist ein besonderer Gewinn für uns Grüne, dass der Ausweis für Menschen, die an einem EU-Mobilitätsprojekt wie Erasmus teilnehmen, über den Zeitraum von drei Monaten anwendbar ist.
Leider werden Menschen mit Behinderung noch etwas warten müssen, bis sie die Vorteile des EU-Behindertenausweises nutzen können.
Die Umsetzungsfrist für die Richtlinie wurde auf 30 Monate verhandelt, mit weiteren zwölf Monaten bis zur ersten Ausstellung eines Ausweises.
Umso wichtiger, dass das Gesetzesvorhaben so schnell wie möglich abgestimmt wird.
Wir Grüne sehen den EU-Behindertenausweis als einen wichtigen Start und unabdingbare Basis für echte EU-Freizügigkeit von Menschen mit Behinderungen.
Menschen mit Behinderungen haben wie andere das gleiche Recht darauf, im EU-Ausland zu leben, zu reisen oder zu arbeiten. Unsere Aufgabe ist es, zu garantieren, dass ihnen entsprechende Hilfen bereitstehen, um dies diskriminierungsfrei zu tun. Der EU-Behindertensausweis ist ein guter Anfang."
Hintergrund:
Was der Richtlinienvorschlag der EU-Kommission vorsieht:
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:52023PC0512
Der Richtlinienvorschlag will die Einführung eines physischen und gleichzeitig digitalen EU-Behindertenausweises in allen Mitgliedstaaten - zusätzlich zum nationalen Ausweis (dieser wird nicht ersetzt).
Damit sollen Menschen mit Behinderungen für kurze Aufenthalte im EU-Ausland (max. drei Monate am Stück) alle öffentlichen Vorteile in Anspruch nehmen können, die jeweils national gelten.
Damit wird es Menschen mit Behinderungen leichter, in anderen EU-Ländern:
- Vergünstigungen im Kultur- und Tourismusbereich
- Vergünstigungen im (Nah-)verkehr für sich und ihre Assistenz
- Assistenzleistungen im Zug und öffentlichem Nahverkehr
wahrzunehmen.
Beispiel: Wenn in Frankreich für Menschen mit Behinderungen die Maut kostenfrei ist, gilt dies nun auch für alle anderen EU-Bürger*innen mit Behinderungen, wenn sie im Sommerurlaub die Autobahn in Frankreich nutzen.
Von der Karte ausgenommen ist jeglicher Anspruch auf Sozialleistungen.
Forderungen des EU-Parlamentes, die durchgesetzt werden konnten:
- Inhaber*innen eines europäischen Behindertenausweises, die an einem EU-Mobilitätsprogramm teilnehmen, verlieren durch den temporären Umzug und für die Dauer dieses Programms nicht ihren Anspruch auf Sozialleistungen.
- Nach drei Jahren soll die EU-Kommission auch die Übertragbarkeit von Sozialleistung, Sozialschutz und Sozialhilfen prüfen.
- Der EU-Behindertenausweis soll kostenlos sein und für den EU-Parkausweis soll eine kleine administrative Gebühr erhoben werden.
- Die Kommission soll in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten eine europäische Sensibilisierungskampagne durchführen.
- Jeder Mitgliedstaat soll eine barrierefreie Webseite betreiben, auf der transparent einsehbar ist, welche Vorteile national gelten.
Auf einer zentralen EU-Webseite, die barrierefrei und alle 24 EU-Sprachen bereitstellt, sollen die relevanten Informationen gesammelt und auf die nationalen Webseiten verlinkt werden.
Mehr Informationen zum EU-Behindertenausweis finden Sie ebenfalls hier:
www.greens-efa.eu/opinions/der-eu-behindertenausweis/
Forderungen des EU-Parlamentes, die NICHT durchgesetzt werden konnten:
Zwischenlösungen für Menschen mit Behinderungen, die sich länger als drei Monate am Stück im EU-Ausland aufhalten.
Inhaber*innen eines europäischen Behindertenausweises, die sich in einen anderen Mitgliedstaat begeben, um dort eine Arbeit aufzunehmen oder sich in eine Bildungseinrichtung einschreiben sollen mit dem Ausweis Anspruch auf Sozialleistungen bekommen - bis zu dem Moment der Anerkennung des neuen nationalen Behindertenstatus.