EU-Parlament pocht auf besseren Schutz von Saisonarbeiter*innen - Spargelhof in Diepholz als abschreckendes Beispiel
Mit großer Mehrheit stimmte das Europäische Parlament gestern für einen Bericht zur Thema Arbeitsmobilität, der besseren Schutz für mobile Arbeitskräfte innerhalb der EU fordert.
https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/A-9-2021-0066_DE.html
Der Corona-Ausbruch im Spargelhof Thiermann in Niedersachsen und die damit verbundene Offenlegung der katastrophalen Arbeitsbedingungen für Saisonkräfte zeigen die Notwendigkeit der Forderungen des Europaparlaments. 130 Menschen wurden dort mit Corona infiziert. Laut ZDF-Bericht fühlen sich Saisonkräfte eingesperrt und ausgebeutet, in einem „Arbeitslager mit Freiheitsberaubung“. Trotz Arbeitsquarantäne müssen sie Spargel ernten. Selbst negativ Getesteten wurde zunächst verboten, das Gelände zu verlassen und nach Polen zurück zu kehren. Der versprochene Mindestlohn wurde ebenfalls nicht gezahlt.
Bericht ZDF: https://www.zdf.de/politik/frontal-21/frontal-21-vom-18-mai-2021-100.html
Katrin Langensiepen, Europaabgeordnete aus Niedersachsen und Vize-Vorsitzende des Sozialausschusses, kommentiert:
„Die Umstände im Spargelhof Thiermann sind nicht tolerierbar, aber leider keine Ausnahme. Die Corona-Pandemie legt nur das offen, wovor lange die Augen verschlossen wurden: enorme Lücken beim Sozialschutz für Saisonarbeiter*innen und generell für Arbeitnehmer*innen, die innerhalb der EU reisen.
Das EU-Parlament macht in seinem Bericht klar: Freizügigkeit und Arbeitsfreiheit müssen mit soliden Arbeits- und Sozialrechten Hand in Hand gehen. Wir müssen die gleichen sozialen Rechte und die Gleichbehandlung für alle Arbeitnehmer*innen sicherstellen.
Saisonarbeiter*innen und entsandte Arbeitnehmer*innen tragen während der Pandemie unter großem Gesundheitsrisiko für sich und ihre Familien zum Überleben des EU-Handels und der EU-Wirtschaft bei. Es darf nicht sein, dass sie von Mindestlohn und Gesundheitsschutz ausgenommen werden.
Gegen Verstöße muss konsequent gehandelt und sanktioniert werden. Firmen wie Thiermann erhalten hunderttausende Euro Agrarsubventionen. Diese dürften unter diesen Umständen nicht gezahlt werden. Ich fordere eine Stärkung der Europäischen Arbeitsbehörde ELA für bessere Inspektionen und Kontrollen. Die Grenzen in Europa müssen offen bleiben. Und wir brauchen dringend eine bessere Koordination und Harmonisierung unserer Sozialsysteme. Die EU muss aus diesen Krisen lernen und endlich Druck auf die Mitgliedstaaten ausüben. Es gilt: gleiche Arbeitsbedingungen für alle!“