Politische "Blame-Games" produzieren keinen neuen Impfstoff

29.01.2021

Die Diskussion um die Lieferengpässe und die Transparenz von Vertragsmodalitäten zwischen der EU und Pharmaunternehmen wie AstraZeneca ist richtig und falsch zugleich. Ebenso der Streit um Staaten, die Doppelstrategien fahren und mit Parallelabsprachen allein auf ihren eigenen Vorteil bedacht sind. Richtig, weil diese Dinge grundsätzlich aufgeklärt werden müssen. Falsch, weil der Zeitpunkt verfehlt ist.

Denn so angebracht die kritische Auseinandersetzung ist und die Prüfung der vertraglichen Details bleibt, so dürfen sich alle Beteiligten hier und jetzt darin nicht verkämpfen. Entscheidend bleibt doch vielmehr die Fokussierung auf die Bürgerinnen und Bürger, die Menschen, die sich dringlichst impfen lassen möchten, um einen ersten Schritt in die Zeit nach der COVID-Pandemie zu machen. Und damit bleibt die eigentliche Kernaufgabe die Produktionskapazitäten für die zugelassenen Impfstoffe konsequent auszubauen. Das kann weiterhin mit staatlicher Unterstützung geschehen. Das muss perspektivisch mit weitreichenden Lizenzvergaben und Patentfreigaben im Sinne der Allgemeinheit erfolgen. Das bleibt weiterhin ein gesellschaftlicher Kraftakt mit Blick auf die Menschen im Lande und darüber hinaus.

Wichtig dabei ist die Geschwindigkeit in der Sache und weniger die Rangeleien um die Schwarze Peter Karte. Denn die lokalen Impfzentren wurden aus dem Boden gestampft und sind einsatzbereit.  Das Spiel mit den gegenseitigen Schuldzuweisungen ist gegenwärtige jedoch völlig unangebracht. Alternative Lösungen und Ansätze mit Blick auf die verfügbaren wirksamen Impfstoffe müssen her.
Wer, wie der SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil, der EU-Kommission Nachlässigkeit und Wegduckerei vorwirft, der vergisst offensichtlich, dass die Mitgliedstaaten seitens der EU eingebunden waren. Er vergisst, dass er das alte Lied der Schuldzuweisung an ein vermeintlich unfähiges Europa anstimmt. Und vor allem vergisst er, dass die Lösung dieser Gesundheitskrise nur im gemeinsamen Handeln Europas – und streng genommen der Internationalen Gemeinschaft – liegen kann.

Das heißt natürlich keineswegs, dass Kritik nicht angebracht ist. Die Zeit dafür wird kommen und natürlich ist man in der Nachbetrachtung immer klüger. Aber im Moment müssen die Menschen im Mittelpunkt stehen und unter ihnen zuvorderst die am stärksten Gefährdeten und Verletzbarsten: die Alten, Menschen mit Behinderung, diejenigen, die dem Virus in Krankenhäusern und Einrichtungen täglich die Stirn bieten. Dies allein muss der Fokus sein. Da bleibt keine Zeit für politische „Blame Games“.