#AbleismeTellsME

10.09.2020

Seit einige Tagen teilen viele Menschen mit Behinderung unter dem Hashtag #ableismtellsme ihre Diskriminierungserfahrungen.

Das ist mein Beitrag dazu:
Was möchtest du später mal werden?
Ich als Kind freudestrahlend: Tagesschausprecherin!
Gegenüber: Du weißt schon, so jemanden wie dich, mit Behinderung, wird man nicht vor die Kamera lassen?! 
...
Bin dann Europaabgeordnete geworden. 

Eine Gesellschaft, in der eine Tagesschausprecherin mit Behinderung nicht als kindlicher Traum belächelt wird: Das ist Inklusion und dafür kämpfe ich jetzt im Europaparlament. 

Als Kind habe ich mich nach Vorbildern gesehnt. Egal ob Politikerin, Tagesschausprecherin oder Schauspielerin: Frau mit Behinderung sind kaum sichtbar. Auch wenn jede/r Fünfte in der EU mit einer Behinderung lebt. 
Um das zu ändern müssen wir alle umdenken und als Gesellschaft aufhören, Menschen mit Behinderung auf ihrem Lebensweg zu behindern. Wir müssen Barrieren abschaffen. Physische Barrieren. Aber vor allem auch Barrieren im Kopf. 

Zu viele Menschen mit Behinderung werden immer noch von klein auf abgeschottet. Zu viele werden in Einrichtung und Werkstätten gesteckt und ihnen wird eingeredet, sie hätten keine anderen Chancen.
Nur die Hälfte aller Menschen mit Behinderung in der EU haben eine Anstellung. Unternehmen zahlen lieber eine monatliche Ausgleichszahlungen als Menschen mit Behinderung einzustellen. Oft, weil sie es anders nicht kennen.
Da wo Gesellschaft versagt, muss der Gesetzgeber eingreifen. Barrieren und Segregation abschaffen und Projekte fördern, die zusammen leben und arbeiten vorantreiben. Denn Behinderung ist kein Ausschlusskriterium und darf es laut Gesetz auch nicht sein. 

Lasst uns #ableismetellsme nicht als kurzweiligen Trend sehen, sondern als Impulsgeber für Politik und jeden einzelnen von uns. 
Denn mit dem richtigen Willen geht es auch anders. Ich bin ein Beispiel dafür. Als Kind wurde mir noch nicht einmal zugetraut, dass ich schreiben lerne. Jetzt sitze ich als einzige weibliche Abgeordnete mit sichtbarer Behinderung im Europaparlament. Weil ich und einige andere Menschen an mich geglaubt haben und mir Chancen und Möglichkeiten gegeben haben. Nur Mut und Offenheit!