Henrike Hahn und Katrin Langensiepen im Gespräch mit Regenbogen Arbeit München

Inklusion auf dem offenen Arbeitsmarkt

03.08.2021
Bild von links nach rechts: Peter Scherm; Henrike Hahn, MdEP; Katrin Langensiepen, MdEP; Elke Seyband

Die Europaabgeordneten Henrike Hahn aus München und Katrin Langensiepen aus Hannover haben gestern die Kantine des Bayerischen Staatsministerium für Finanzen und Heimat besucht, die seit April 2021 von der Regenbogen Arbeit gGmbH als Inklusionsbetrieb bewirtschaftet wird.

In der Kantine sind MitarbeiterInnen mit und ohne Behinderung angestellt. Beim Gespräch mit der Geschäftsführerin von Regenbogen Arbeit, Elke Seyband, und dem Betriebsleiter der Kantine, Peter Scherm, wurde das gemeinsame Ansinnen beider Gesprächsparteien deutlich. Beim Thema Inklusion sei man besonders auch auf dem Arbeitsmarkt oft noch zu sehr in paternalistischem Denkmustern verhaftet. Der Ansatz dürfe nicht sein, Menschen mit Behinderung in Werkstätten unter sozial fragwürdigen Bedingungen wegzusperren. Stattdessen müsse man sie in den offenen Arbeitsmarkt integrieren. Auf politischer Ebene müsse das Thema Inklusion auf dem Arbeitsmarkt auch endlich stärker die wirtschafts- und finanzpolitische Ebene gehoben werden.

Elke Seyband betonte besonders die Schwierigkeiten der Betriebe durch die Corona-Pandemie und erklärte, dass Menschen mit Behinderung übermäßig stark von deren Auswirkungen, z. B. in Form von Arbeitslosigkeit, betroffen sind. Auch seien Inklusionsbetriebe bei der Steuerfinanzierung strukturell benachteiligt. Aus vorhandenen Fördertöpfen gehe nach wie vor viel Geld an Behindertenwerkstätten. Die EU-Abgeordnete Katrin Langensiepen verwies an mehreren Stellen auf den im März 2021 vom EU-Parlament angenommenen Bericht zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in den Bereichen Beruf und Beschäftigung, der unter anderem auch das Auslaufen von Werkstätten für Menschen mit Behinderung fordert.

Henrike Hahn, stellvertretende Delegationsleiterin der deutschen Grünen im Europaparlament, kommentiert das gestrige Gespräch:

„Die Demonstration von Randgruppenkrawall in München am Sonntag hat gezeigt: Inklusion ist in Deutschland und Europa leider noch immer keine Selbstverständlichkeit und es gibt noch viel Handlungsbedarf. Menschen mit Behinderung müssen ihre Forderungen lautstark in Erinnerung bringen, und die Politik hört viel zu wenig auf sie. In den Betrieben von 'Regenbogen Arbeit' arbeiten Menschen mit und ohne Behinderung zusammen. Gleichberechtigte und uneingeschränkte Teilhabe von Menschen mit und ohne Behinderung am Arbeitsmarkt, wie es auch in der UN-Behindertenrechtskonvention festgeschrieben ist, ist in Deutschland und Bayern leider noch immer nicht Normalität: In Bayern ist noch nicht einmal die Quote für schwerbehinderte MitarbeiterInnen bei Betrieben mit mindestens 20 Arbeitsplätzen bei den festgesetzten 5 Prozent. Rund ein Viertel der betroffenen Unternehmen zahlt lieber einen finanziellen Ausgleich, als Menschen mit Behinderung einzustellen. Unternehmen wie 'Regenbogen Arbeit' zeigen, wie gelebte Inklusion in der Arbeitswelt gelingt. Solche Vorbilder sind wichtig. Solange sie jedoch noch als herausragende Unternehmen deklariert werden müssen, ist klar, dass noch viel auf landes-, bundes und europapolitischer Ebene passieren muss, bis wir selbstverständliches Lernen, Wohnen und Arbeiten von Menschen mit und ohne Behinderung erreichen.“

Katrin Langensiepen, stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für Beschäftigung und Soziales des Europaparlaments stellt fest:

„Inklusionsunternehmen wie die Regenbogen Arbeit gGmbh, in der Menschen mit und ohne Behinderung völlig selbstverständlich miteinander zusammenarbeiten, sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze innehaben und fair nach einem Tarifvertrag entlohnt werden, sollten in Deutschland und in der EU zur Normalität gehören. Leider ist das nicht der Fall. Die Regenbogen Arbeit zeigt, wie mit Engagement und Kreativität auf dem offenen Arbeitsmarkt Inklusion gelingen kann. Ich setze mich dafür ein, dass noch viel mehr Betriebe die UN-BRK umsetzen und Inklusion in ihrer Arbeitswelt verwirklichen.

Frau Seyband, Herr Scherm und großartige Angestellte konnten meine Kollegin Henrike Hahn und mich heute überzeugen, dass Inklusionsunternehmen einerseits und vor allem inklusive Arbeitsplätze in jedem Betrieb die Zukunft gehören. Dafür brauchen wir stärkere gesellschaftliche Unterstützung und Dialog für gelingende und sinnvolle Beispiele, wie sie die Regenbogen Arbeit tagtäglich leistet.“